Mitentscheiden, wem Ehre gebührt
Sieben Straßen in Aschaffenburg sollen einen neuen Namen bzw. Namensgeber erhalten. Das hat der Aschaffenburger Stadtrat in seiner Sitzung vom 19. Juni 2023 mit großer Mehrheit beschlossen. Jetzt geht es in die nächste Runde. Vom 13. November bis zum 08. Dezember haben die Bürgerinnen und Bürger auf der städtischen Beteiligungsplattform online die Möglichkeit, Vorschläge für die Umbenennung der Straßen einzureichen. Wichtig dabei: in vielen Fällen könnte eine Umwidmung in Frage kommen.
Die Umbenennung bzw. Umwidmung fußt auf einem seitens des Stadtrats getragenen Vorschlag der Stadtverwaltung, alle Namensgeber und -geberinnen für Aschaffenburger Straßennamen im 19. und 20. Jahrhundert zu überprüfen. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob ihre politische Einstellung und Tätigkeit sowie amtliche Funktionen zum Beispiel in der NS-Diktatur sich mit den Werten einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft vereinbaren lässt.
Das war nicht einfach. Hierfür wurden die rund 300 Straßen und Plätze in Aschaffenburg, die Namen von Personen, Familien oder Heiligen tragen, untersucht. Wer hinter einem Straßennamen in Aschaffenburg steht, die Biogramme und weiterführende Informationen zu Namenspatinnen und Namenspaten können online unter www.aschaffenburgzweinull.stadtarchiv-digital.de/projekt/strassennamen-in-aschaffenburg/ nachgelesen werden.
Historikerinnen und Historiker sowie andere Fachleute haben nach langer Recherche und Diskussion ausführlich und schlüssig dargelegt, dass die Namensgeber von sieben Aschaffenburger Straßen aus heutiger Sicht nicht mehr als Paten für Straßennamen tragbar sind. Gründe hierfür waren insbesondere extremer Militarismus, Antisemitismus, Ablehnung der Weimarer Republik oder auch eine erhebliche Unterstützung des „Dritten Reiches“ bzw. anderer Extremismen.
Betroffene Straßen
Zu den personenbezogenen Straßennamen, die von einer Umbenennung bzw. Umwidmung betroffen sind, gehören die Pfeiferstraße in Damm, benannt nach dem Spessartsagen-Autor Valentin Pfeifer, und die Beckerstraße, die den Aschaffenburger Schriftsteller Julius Maria Becker würdigt. Neue Namen erhalten auch die Straßen und Wege, die ihre Namen dem Kleiderfabrikanten Josef Dinges, dem Politiker Georg Heim, dem früheren Gailbacher Bürgermeister Ludwig Roth, dem Richter Paul Scheppler und dem Fotochemiker und Sammler Erich Stenger verdanken. Mit der Entscheidung waren die Stadträtinnen und Stadträte den Empfehlungen eines wissenschaftlichen Beirats aus Historikerinnen und Historiker sowie einer Theologin gefolgt.
Unterstützung geben
Am 19. und 30. Oktober gab es für die Anwohnerinnen und Anwohner der betroffenen Straßen Informationsveranstaltungen. Hier ging es zum einen um die Frage, wie die Stadt die Betroffenen, sofern eine Umbenennung erfolgt, bei den notwendigen Formalitäten unterstützen wird. So übernimmt beispielsweise die Stadt bei einer Umbenennung die anfallenden Kosten, wie etwa für eine Ummeldung. Bei einer Umwidmung, die bei einem Teil der Straßen möglich ist, fallen dagegen keine Kosten an.
Bürger beteiligen
Aber vorab müssen erst einmal neue Namenspaten gefunden werden. So konnten die Anwohnerinnen und Anwohner bereits in den Infoversammlungen ihre Vorschläge einreichen. Auch alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, online Vorschläge für die Umwidmung bzw. Umbenennung einzubringen und über die Vorschläge zu diskutieren. Die Online-Beteiligungsplattform abstimme.aschaffenburg.de ist dafür ab 13. November 2023 für vier Wochen geöffnet.
Die Verleihung eines Straßennamens ist die höchste Auszeichnung, die eine Kommune vergeben kann. Geehrt werden damit Menschen, die sich auf herausragende Weise für die Demokratie, für die kulturelle Vielfalt, für Fairness und Toleranz eingesetzt haben. Ihnen kommt ein verdienter Platz in der Öffentlichkeit zu – das nämlich sind Straßennamen. Sie dienen als öffentliche Denkmäler und erinnern an die großen Leistungen ehrenvoller Bürgerinnen und Bürger.
Ziel der Stadtverwaltung ist es, im Frühjahr 2024 die eingegangenen Ideen zu sichten und eine Vorschlagsliste für den Stadtrat zu erstellen. Dieser wird dann für die betroffenen sieben Straßen und Wege über die Umbenennung bzw. Umwidmung entscheiden.
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